Differenzierte Preissysteme im urbanen Verkehr – Nutzergerechte Gestaltung zur Förderung von umweltfreundlichem Mobilitätsverhalten
Jahr: 2019
Ziele/Ideen
Die fortschreitende Urbanisierung hat zur Folge, dass die Bevölkerung in den Großstädten wächst und sich dort u. a. auch das Verkehrsaufkommen erhöht. Während die gesamten CO2-Emissionen in den vergangenen Jahren in der EU-15 insgesamt stetig zurückgegangen sind, wachsen die des Teilbereiches Verkehr kontinuierlich. Es ist daher notwendig, weitere und wahrscheinlich auch weitreichendere Maßnahmen zu ergreifen, um die Ziele zur CO2-Einsparung zu erreichen.
Durch diese starke Nachfrage nach Verkehr ist es in den letzten Jahrzehnten zur Verknappung der Ressourcen Verkehrsinfrastruktur und Umwelt gekommen und ein funktionierendes Verkehrssystem ist nicht immer gewährleistet. Wenn Personen nicht die gesamten, durch ihre Fahrten verursachten Kosten tragen müssen, werden sie diese bei ihren Mobilitätentscheidungen nicht mit einbeziehen. Damit besteht die Gefahr einer Übernutzung der bestehenden Infrastruktur, da zu niedrig wahrgenommene Preise die direkte Nachfrage nach Verkehr erhöhen .
Zusammenfassend liefert diese Forschungsarbeit Beträge zur Lösung folgender Probleme:
– fehlender Kostenwahrheit im Verkehr,
– verursacher(un)gerechte Bepreisung von Mobilitätsangeboten,
– umweltschädliches Nutzerverhalten im urbanen Verkehr durch ungünstige Anreize,
– Benachteiligung von Nutzergruppen, die dadurch eine erschwerte Teilhabe an den Mobilitätssystmen haben.
Kurzbeschreibung
Ein erheblicher Teil der durch den Verkehr entstehenden Kosten werden nicht verursachergerecht verteilt, sondern an die Allgemeinheit oder andere Zeiten externalisiert. Mittels Preisdifferenzierung bei urbanen Preissystemen soll das nicht-gewünschte Nutzerverhalten möglichst treffsicher reduziert werden ohne unnötige Beschränkungen zu schaffen. In dieser Arbeit wird daher analysiert, wie diese Systeme ausgestaltet sein sollten, um Mobilitätsverhalten zu steuern und damit umweltverträglicheres Verhalten zu bewirken. Ziel ist es zu untersuchen, welche Preissystemmerkmale die Reaktion auf differenzierte Preissysteme im urbanen Verkehr beeinflussen und welche interindividuellen Unterschiede vorliegen. Die Erkenntnisse der Arbeit beziehen sich auf Preissysteme in drei typischen innerstädtischen Anwendungsgebieten City-Mautsysteme, Parkgebührensysteme und ÖPNV-Tarife. So wird getestet, inwiefern sich die Empfehlungen über die verschiedenen Anwendungsbereiche hinaus generalisieren lassen.
Resultate
Es ging in dieser interdisziplinären Forschungsarbeit in den insgesamt fünf aufeinander abgestimmten Labor- bzw. Feldstudien um den Einfluss des Differenzierungsgrads und weiterer Variablen vor allem auf die Latenzzeit bis Personen antworteten, die Fehlerwahrscheinlichkeit, die subjektive Antwortsicherheit und die Verhaltensintention. Die Ergebnisse zeigen u.a., dass ein höherer Differenzierungsgrad von Preissystemen regelmäßig zu einer langsameren kognitiven Verarbeitung des Systems und zu mehr Fehlern bei der Berechnung des zu zahlenden Preises sowie zu einer geringeren wahrgenommenen Verständlichkeit führt. Damit würden diese Preissysteme nicht ihre Wirkung entfalten und die Nutzenden hin zu einem umweltverträglichem Mobilitätsverhalten beeinflussen. Neben weiteren Unterschieden in den Preissystemen haben auch individuelle Faktoren, wie das Alter oder der Bildungsgrad, einen Einfluss auf die abhängigen Variablen. Es ist wichtig, diese Erkenntnisse in die Maßnahmengestaltung einzubeziehen, um keine Nutzergruppe zu benachteiligen und die soziale Gerechtigkeit und Teilhabe zu erhöhen.
Für die drei Anwendungsfälle City-Maut, Parkgebühren und ÖPNV-Tarife ergaben sich im Detail teilweise unterschiedliche Befunde. Zu Verhaltensanpassungen führten am häufigsten Preissysteme mit einem mittleren Differenzierungsgrad.
Die Arbeit befasst sich mit einem hochaktuellen Thema, insbesondere was die Ausgestaltung einer sozial verträglichen und verursachergerechten Maut betrifft.
Technische Universität Dresden