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Holzstromlogistik bei der Papierholz Austria GmbH - Optimierung der Holztransporte zwischen Forst und holzverarbeitender Industrie

Ziele/Ideen

Motivation
Der Wald erfüllt in Österreich eine wichtige ökologische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Funktion. Die Waldfläche in Österreich beträgt gut vier Millionen Hektar, das entspricht fast 48% des gesamten Staatsgebiets. Entlang der Wertschöpfungskette Forst, Holz und Papier arbeiten in 172.000 Betrieben rund 300.000 Menschen und erwirtschaften einen Exportüber-schuss von über dreieinhalb Milliarden Euro. Österreich ist ein international führendes Land in dieser branchenübergreifenden Industrie. Laut einer Studie des Institutes für Systemwis-senschaften, Innovations- und Nachhaltigkeitsforschung der Karl-Franzens-Universität Graz aus dem Jahr 2014 ist Österreich nach China der zweitgrößte Holzimporteur der Welt. Im Nadelschnittholzexport belegt Österreich mit rund fünf Millionen Kubikmetern weltweit Rang sechs. Die österreichische Papierindustrie genießt internationales Ansehen, erzeugt ein traditionsreiches Hochtechnologieprodukt und besticht durch eine Exportquote von über 87% (2015). Österreich ist weltweit führend beim Ausbildungsangebot in der Papierbranche, welches vom Ausbildungszentrum der Austropapier in Steyrermühl bis hin zu den Studienprogrammen, die vom Institut für Papier-, Zellstoff und Fasertechnik an der Technischen Universität Graz angeboten werden, reicht.
Die Transportlogistik für Rundholz zwischen den österreichischen Wäldern und den Werken der holzverarbeitenden Industrie stellt eine große Herausforderung dar. Eine koordinierte Lie-ferkette und eine darin enthaltene optimierte Holzstromlogistik sind maßgebliche Einflussfaktoren, um zukünftig Versorgungssicherheit und Konkurrenzfähigkeit gewährleisten zu können.
Der Anteil der Transportkosten an den Gesamtholzkosten liegt international zwischen 20 und 40% und beträgt in Österreich gut 30%. Ähnlich hoch wird dieser Anteil auch für Kanada und Deutschland bemessen. Das entspricht auch den Schätzungen für andere Länder; so wird für Schweden ein Wert von 30 – 40% und für Australien ein Anteil von rund 20 – 25% kalkuliert. Eine Minimierung der Transportkosten kann somit als wesentlicher Erfolgsfaktor in der holzverarbeitenden Industrie und dabei insbesondere für die Papiererzeugung eruiert werden. Allen voran ist eine Holzeinkaufsgesellschaft wie die Papierholz Austria, die als Bindeglied zwischen Waldbesitzenden und holzverarbeitender Industrie auftritt, an Optimierungsmodellen zur Minimierung von Transportkosten interessiert.
Als motivierende Kraft hinter diesem Projekt stehen Umweltschutzaspekte, aktuelle Forschungsergebnisse, Brancheninteresse und ein unmittelbar bevorstehender Umbruch dieser und anderer Industriesparten durch die Auswirkungen, die unter dem Sammelbegriff
Industrie 4.0 zusammengefasst werden.
Rundholztransporte innerhalb Österreichs werden fast ausschließlich per LKW durchgeführt. Aufgrund der speziellen Form der LKWs, die zum Rundholztransport eingesetzt werden, erfolgen die Rückfahrten zumeist als Leerfahrten. Eine Optimierung der Holztransporte zwischen Forst und holzverarbeitender Industrie steht somit in direktem Zusammenhang mit Kostenreduktion und auch mit Umweltschutzaspekten.
In den führenden Nationen der Papiererzeugung innerhalb Europas, zu denen neben den skandinavischen Ländern auch Österreich zählt, entstehen eine Reihe bedeutender Forschungsergebnisse im Themenbereich der Holztransportlogistik. Federführend in Österreich ist dabei das Institut für Produktionswirtschaft und Logistik der Universität für Bodenkultur in Wien. Speziell die Forschungen von Prof. Dr. Manfred Gronalt und Ass.-Prof. Dr. Patrick Hirsch fließen maßgeblich in diese Arbeit ein.
Die Papierbranche mit ihren riesigen Papiermaschinen, ihrem internationalen Ansehen und ihren großen aktuellen Herausforderungen bildet ein spannendes Feld für zukünftige Forschungsprojekte. Die Werksbesichtigung der Sappi-Anlage in Gratkorn, und vor allem die Paper & Biorefinery Conference in Graz machten auf zukünftige Investitionsfelder aufmerksam. Im Mittelpunkt steht dabei der Weg von einer traditionellen Papierfabrik zu einer Biorefinery, in der in Zukunft auch Erdölersatzprodukte aus Zellstoff im 3D-Druck-Verfahren – aber auch Bioessig, Vanilin oder auf Papier basierende Photovoltaikzellen – produziert werden.
Auch aus der ursprünglichen Herkunft des Autors, dem oberösterreichischen Almtal, das seit jeher durch die Holzwirtschaft (Flößerei und Sensenerzeugung) geprägt war und auch heute noch wichtiger Lieferant für die regionale Säge- und Papierindustrie ist, entspringt die Motivation für diese Masterarbeit.
Abschließend sei noch auf die Aktualität der Fragestellungen hingewiesen. Diese zeigt sich insbesondere darin, dass die Papierholz Austria GmbH selbstständig mit der dringlichen Problemstellung, die in den folgenden Abschnitten genau erläutert wird, an die Universität herangetreten ist.

Ausgangssituation
Am Beginn der rollierenden, monatlichen Planungsperiode geben die Holzeinkaufenden jene Menge bekannt, die im nächsten Planungszeitraum in ihrem Gebiet verfügbar ist, und bilden somit die Angebotsseite ab. Anschließend werden die vorgegebenen Nachfragemengen der Werke in einer Grobplanung mit einem auf Erfahrung beruhenden Verfahren und viel Fingerspitzengefühl von Herrn Wimmer auf die einzelnen Einkaufenden aufgeteilt. Dabei wird festgelegt, welche Mengen vom jeweiligen Einkaufenden in welches Werk geliefert werden sollen. Diese Zuteilung wird bei der monatlichen Einkaufbesprechung noch einmal mit allen Einkaufenden abgeklärt und gegebenenfalls nachkorrigiert. Nun liegt es an den Einkaufenden, Kaufverträge für Waldbesitzende in ihrem Gebiet aufzusetzen und Lieferscheine an die entsprechenden Transportunternehmen auszustellen. Der Einkaufspreis für österreichisches Industrierundholz setzt sich im Wesentlichen aus den fix vorgegebenen Rohstoffkosten pro Atrotonne und den Transportkosten zusammen. Die Transportkosten entsprechen etwa einem Viertel des Einkaufspreises und tragen, bei einem vorgegebenen Marktpreis des Holzes, entscheidend zur Wirtschaftlichkeit des ganzen Produktionsprozesses bei. Sie beinhalten einen vorgegeben Stundensatz (Basispreis) für die Entfernung zwischen Forst und Werk, der um eine Pauschale erhöht wird. Diese Pauschale von eineinhalb Stunden soll die Zeit für den Transport des Holzes zu einer öffentlichen Straße und jene der Ladetätigkeit widerspiegeln, wobei häufig noch ein Zuschuss für besonders aufwändige Lieferungen im Forst (z.B. lange Forststraße) oder auf der Straße (z.B. für eine schwierige Passstraße) gewährt wird. Mit dem Zuschuss werden auch bereits bekannte Modellfehler ausgeglichen, die der Basispreis vorgibt (z.B. Brücken mit Höchstgewichtsgrenzen oder Fahrverbote für LKW wurden nicht berücksichtigt). Die Transportunternehmen haben in weiterer Folge einen Monat Zeit, die im Lieferschein festgelegte Menge in ein Erstwerk oder in bestimmten Fällen auch ein Zweitwerk zu bringen. Somit gibt es in diesem Prozess mit den Einkaufenden, Herrn Wimmer, dem Basispreismodell und den Transportunternehmen vier verschiedene Stellen, die aktiv an der Steuerung und somit der Transportkostenoptimierung beteiligt sind.
Entlang der Holzlieferkette gibt es eine Reihe von AkteurInnen (Waldbesitzende, Einkaufende, Transportunternehmen, Werksvertretende) mit unterschiedlichen Interessen, die es zu koordinieren gilt. Dabei nimmt die Papierholz Austria GmbH eine wichtige Vermittlungsposition ein und kann maßgeblich zu einem gelingenden Informationsfluss beitragen.
Zukünftige Herausforderungen dieser Branche sind sehr vielfältig und können vor allem dann erfolgsversprechend gemeistert werden, wenn Lieferketten als Einheit agieren und nicht untereinander, sondern gegen andere Lieferketten konkurrieren. Dahingehend gilt es aufzuzeigen, welche Herausforderungen der Papierholz Austria GmbH unmittelbar bevorstehen und wie diesen am besten zu begegnen ist.

Probleme
Als klare Vorgabe von Seiten der Papierholz Austria GmbH sollen sich die Untersuchungen auf den inländischen Industrierundholztransport mit dem LKW fokussieren. Dabei steht vor allem der Benchmark des bisherigen Systems in Hinblick auf eine Transportkostenoptimierung im Zentrum. In erster Linie basieren die Untersuchungen auf Daten der Papierholz Austria GmbH, die aus einer AS/400-Datenbank mittels SQL-Befehlen exportiert wurden. Trotz einer sorgsamen Plausibilitätsanalyse können Fehler in der Datenerfassung nicht ausgeschlossen werden. Mangels zu erhebender Daten und vor allem fehlender Transportkosten kann auf Lagerhaltung und andere Werke als jene der vier EigentümerInnen keine Rücksicht genommen werden. Da bislang noch kein Modell zum Geotracking der LKW-Fahrten im Forst etabliert ist, wird die Realität nur für Ab-Straße-Lieferungen korrekt abgebildet. Aufgrund der vorherrschenden Holzsorte Fichte (90%) ist die Approximation eines Einproduktfalles, die das Transportmodell wesentlich handhabbarer macht, sinnvoll. Diese Vorgaben und Einschränkungen kommen vor allem in den ersten drei Forschungsfragen zum Tragen. Sie sind dahingehend zu begründen, dass im Rahmen dieser Arbeit die Generierung von verwertbaren Ergebnissen für die Papierholz Austria GmbH ein zentrales Element darstellt und daher diesbezügliche Vorgaben und Einschränkungen zur berücksichtigen sind.
Eigene Daten werden in Form von qualitativen Interviews und Gesprächen erhoben. Die daraus verwerteten Aussagen sind Einzelmeinungen von branchenerfahrenen Personen, womit kein Anspruch auf Allgemeingültigkeit erhoben werden kann. Diese Abgrenzung bezieht sich insbesondere auf die vierte Forschungsfrage. Hierbei sei auf den vorgegeben zeitlichen Rahmen und Umfang einer Masterarbeit hingewiesen, womit diese klar von einer groß angelegten Befragung mit relevanter Stichprobe und auswertbaren Ergebnissen zu unterscheiden ist.
Aufgrund der vorhandenen Daten und deren Qualität ist es nicht möglich, sämtliche Optimierungsschritte, die in den theoretischen Modellen dargelegt werden, durchzuführen. Die Berechnung eines Teils der Modelle soll mit Unternehmensdaten deren praktische Einsetzbarkeit darstellen. Die nicht praktisch umgesetzten Modellschritte sollen darauf aufmerksam machen, welche Daten es in Zukunft zu erheben gilt, um weitere Optimierungen vornehmen zu können. Besonderer Wert soll auf die theoretische Darstellung der Optimierungspotentiale und die sich daraus ergebenden Vorteile für die Papierholz Austria GmbH gelegt werden. Diese Einschränkung betrifft allen voran die letzte Forschungsfrage. Diese Vorgehensweise lässt sich dadurch erklären, dass speziell in diesem Bereich der Spagat zwischen aktueller, wissenschaftlich relevanter Fragestellungen und praktisch sinnvoll integrierbaren Ergebnissen gemacht wird.
Einflussgrößen, die aufgrund der nötigen Fokussierung nicht oder nur am Rande behandelt werden, sind der Import, der Transport von Industrierestholz (Hackschnitzel), von Fichte abweichende Holzsorten, von Ab-Straße-Lieferungen abweichende Holztransporte, Schienentransporte und die Einbeziehung von Vehicle-Routing-Problemen.

Kurzbeschreibung

Die Transportlogistik für Rundholz zwischen den österreichischen Wäldern und den Werkender holzverarbeitenden Industrie stellt eine große Herausforderung dar. Eine koordinierte Lieferkette und eine darin enthaltene optimierte Holzstromlogistik sind maßgebliche Einflussfaktoren, um Versorgungssicherheit, Konkurrenzfähigkeit und Nachhaltigkeit gewährleisten zu können. Die sich daraus ergebenden Aufgabenstellungen des Supply-Chain-Managements werden von der Papierholz Austria GmbH für ihre EigentümerInnen behandelt und Spezialgebiete daraus im Rahmen dieser Masterarbeit, strukturiert in fünf Forschungsfragen, untersucht. Die ersten drei Forschungsfragen behandeln die Berechnung eines optimierten Transportplanes, dessen Vergleich mit der aktuellen empirischen Steuerung von Transportflüssen und die Integration der Ergebnisse als strategische und operative Entscheidungsunterstützung in die Arbeitsprozesse der Papierholz Austria GmbH. Die vierte Frage betrachtet die Interviews, deren Ergebnisse aktuelle und zukünftige Herausforderungen aufzeigen. Die abschließende, fünfte Forschungsfrage rückt die Nutzenmaximierung der gesamten Lieferkette in den Mittelpunkt der Betrachtung. Zur Beantwortung dieser Fragen wurde ein umfassendes Projektmanagement integriert, das den Erwerb der notwendigen Branchenkenntnisse durch eine umfassende Literaturrecherche, zahlreiche Gespräche sowie Unternehmensbesichtigungen und der Teilnahme am Paper & Biorefinery-Kongress ermöglichte. Aufbauend auf diesen Grundstock konnte ein Transportmodell entwickelt und mit Unternehmensdaten der Papierholz Austria GmbH bestückt in AMPL gelöst werden. Dieses Masterarbeitsprojekt schlägt eine Brücke zwischen Wissenschaft und Wirtschaft und diente somit als Türöffner, um in beiden Bereichen Kontakte für zukünftige Tätigkeitsfelder zu eröffnen. Durch die praxisnahe Anwendung von wissenschaftlichen Methoden wurde ein Beitrag zur Verknüpfung von vorhandenem und Generierung von neuem Wissen geleistet.

Resultate

Beschreibung der theoretischen Ergebnisse
Die in dieser Arbeit dargestellten theoretischen Erklärungen bilden einen Grundstock für das Verständnis der behandelten Fragestellungen und können die Einarbeitungszeit in zukünftige Forschungsprojekte aus diesem Themenbereich wesentlich reduzieren.
Die beschriebene Literatur dient als Orientierungsleitfaden und informiert darüber, wo ergänzende Informationen zu diesem Themenkomplex auffindbar sind. Die wissenschaftliche Literaturhistorie benennt dabei mit Weintraub, Epstein, Rönnqvist, Gronalt und Hirsch die wichtigsten Autoren dieses Forschungsgebietes. In der praxisnahen Literatur bilden vor allem Publikationen der Kommunikationsplattform Forst, Holz, Papier, jene des Bundesministeriums für ein lebenswertes Österreich und Veröffentlichungen von Austropapier eine hilfreiche erste Anlaufstelle.
Die theoretischen Grundlagen beinhalten einerseits eine Beschreibung des für diese Masterarbeit wesentlichen, klassischen Transportmodells und andererseits wird die Rundholzlieferkette der Papierholz Austria GmbH beleuchtet. Das klassische Transportmodell besteht aus einer zu minimierenden Zielfunktion und einzuhaltenden Nebenbedingungen, welche sich wiederum aus Variablen, Parametern und Rechenoperationen zusammensetzen. Ein Algorithmus kann ein solches Transportproblem in Form eines Transportplans lösen, wenn er die Zuordnung der Transportmengen zwischen den jeweiligen Anbietenden und Nachfragenden enthält. Auch Erweiterungsmöglichkeiten des klassischen Transportproblems, wie Offene, Mehrstufige, Kapazitierte, Mehrsorten-, Bottleneck-, Binäre und Fixkosten-Transport¬probleme werden aufgezeigt. Das Supply-Chain-Management der Papierholz Austria GmbH beinhaltet die Kommunikation mit AkteurInnen entlang der gesamten Lieferkette und wird ebenso beschrieben wie die Interessen von Waldbesitzenden, Einkaufenden, Transportunternehmen und Werken der Industrie. Als Transportmittel für Rundholz in Österreich ist der LKW wesentlich flexibler und kann auf eine bessere Infrastruktur zugreifen als die Bahn, welche die Transportunternehmen weder als ernsthafte Konkurrenz, noch als verlässlichen Partner beim Holztransport bezeichnen. Herausforderungen entlang der Lieferkette bilden die kaskadische Nutzung des wertvollen Rohstoffes Holz und die Integration von faltbaren Containern.
Beschreibung der praxisrelevanten Ergebnisse
Die praxisrelevanten Ergebnisse gliedern sich in die Beantwortung der fünf Forschungsfragen. Die erste Fragestellung wird durch die Ausgabe eines Transportplans in AMPL, der den Transportaufwand von den Forsten zu den Werken unter Berücksichtigung der Gegebenheiten der Papierholz Austria GmbH minimiert, beantwortet. Um den Transportplan zu berechnen, werden ein Transportmodell in Form eines AMPL-Modelfiles, Inputdaten in Form eines AMPL-Datafiles und die AMPL-Softwareumgebung benötigt. Das AMPL-Modelfile gliedert sich dabei in die vier Blöcke: Parameter, Variable, Zielfunktion und Einschränkungen. Die Datafiles enthalten die Werte der im Modelfile verwendeten Parameter: Anzahl der Forste, Anzahl der Werke, Liste der Angebotsmengen, Liste der Nachfragemengen, Tabelle der Transportkosten zwischen jeweiligem Forst und einzelnem Werk sowie die Liste der Transportmengen von den einzelnen Forsten nach Bruck.
Das Ergebnis der zweiten Untersuchung bringt zum Ausdruck, dass sich die aktuelle empirische Steuerung von Transportflüssen grundsätzlich ähnlich zu einem optimierenden, theoretischen Transportmodell verhält, was insbesondere durch die errechnete Spanne des Optimierungspotentials von etwa ein bis drei Prozent deutlich wird. Für einen fairen Vergleich der beiden Transportpläne wurden die Transportkosten inklusive Maut, aber ohne die Berücksichtigung von Zuschlägen und Dieselpreisbonus, einbezogen. Der Vergleich der realen mit den optimierten Transportflüssen zeigt, dass in den drei untersuchten Monaten in Summe ein Verbesserungspotential von 36.375,89 € durch den Einsatz eines Optimierungsmodelles möglich erscheint. Bei ähnlicher Entwicklung während des restlichen Jahres ergäbe das hochgerechnet ein Verbesserungspotential von 145.503,58 € jährlich. Besonders eine Analyse jener Forste, die in allen drei Monaten Top-10-Verbesserungskandidaten waren, kann als erfolgsversprechend angenommen werden.
Die Beantwortung der dritten Forschungsfrage kommt zum Schluss, dass das im Rahmen dieser Arbeit vorgestellte Transportmodell maßgeblich zur strategischen und operativen Entscheidungsunterstützung beitragen kann. Ein Transportmodell kann bei der Papierholz Austria GmbH direkt durch eine Strukturveränderung im Planungsprozess in den Arbeitsprozess zur Systemsteuerung integriert werden. Zusätzlich ist es möglich über Handlungsempfehlungen in Form von Leitfäden zur operativen Entscheidungsunterstützung beizutragen. Darüber hinaus kann ein Transportmodell auch wesentlich in das Controlling und Reporting einfließen, da der aktuelle, empirische Planungsprozess beurteilt und Verbesserungspotentiale aufgezeigt werden.
Die vierte Fragestellung behandelt die Interviews, deren Ergebnisse aktuelle und zukünftige Herausforderungen der Papierholz Austria GmbH aufzeigen. Als Gesprächspartner konnten mit den Herren Ing. Wolfgang Holzer (Österreichische Bundesforste), DI Bernd Poinsitt (Waldverband Steiermark), Michael Tscherntschitsch (Transportunternehmen Tscherntschitsch), Wilhelm Stadler (Holzlogistik Stadler), Ing. Friedrich Schwaiger (Einkäufer Papierholz Austria GmbH), Karl Gebetsroither (Einkäufer Papierholz Austria GmbH), Mag. Peter Seebacher (Leiter Logistik Papierholz Austria GmbH), DI Christian Hladny (Import Papierholz Austria GmbH), Friedrich Wimmer (Prokurist Papierholz Austria GmbH), DI Herwig Fischer (Holzplatzleiter Sappi Gratkorn) und Priv.-Doz. Dr. Peter Rauch (Universität für Bodenkultur Wien) erfahrene Experten entlang der gesamten Lieferkette gewonnen werden. Bei den Interviews wurden mit der Holzmobilisierung, dem Schienentransport, einer koordinierten Lieferkette, zukünftigen Herausforderungen und der Industrie 4.0 fünf große Themenkomplexe diskutiert und von den Gesprächspartnern mit praktischen Beispielen und Anmerkungen ergänzt.
Das abschließende Ergebnis der fünften Forschungsfrage besagt, dass die Systemsteuerung durch eine Veränderung der Denkweise von jeder gegen jeden auf Lieferkette gegen Lieferkette maßgeblich verbessert werden kann. Nicht mehr die Nutzenmaximierung der einzelnen Akteurin bzw. des einzelnen Akteurs, sondern jene der gesamten Lieferkette steht im Mittelpunkt dieser Betrachtung. Dies kann durch den Einsatz eines Modells zur Lösung eines TTOSP, indem die Lieferungen der Transportunternehmen einem bestimmten Tag zugeordnet werden, angeregt werden, wofür die nötige Datenweitergabe und die Bereitschaft einer engen Partnerschaft etabliert werden muss. Das würde zu einer gleichmäßigen Arbeitsauslastung der Transportunternehmen und zu einer gleichmäßigen Anlieferung zu den Werken führen, was sich positiv auf die Versorgungssicherheit, die Kostenersparnis in Form einer Reduktion der Lagerflächen, die gleichmäßige Auslastung der Fahrzeugflotte und die Vermeidung von Wartezeiten und Lieferstopps auswirken würde.
Einfluss auf die Papierholz Austria GmbH
In Rahmen dieser Masterarbeit wurden zahlreiche Weiterentwicklungspotentiale der Papierholz Austria GmbH aufgedeckt und mit konstruktiven Verbesserungsvorschlägen versehen, die einen Anstoß für zukünftige Veränderungen geben sollen. Dazu zählen die Definition und Aufbereitung von Daten zur transportkostenoptimierten Transportplanerstellung, die Aufdeckung von Lücken und Mängel in der Datenerfassung und Datenspeicherung, die transportkostenoptimierte Berechnung von Transportplänen mit AMPL, die Analyse und der Benchmark der Arbeitsprozesse, die Veränderung von Arbeitsprozessen zur Integration der Untersuchungsergebnisse, das Aufzeigen zahlreicher zukünftiger Herausforderungen und die Darstellung des Potentials einer koordinierten Lieferkette. Die detaillierten, bis dato noch nicht für die Papierholz Austria GmbH schriftlich festgehaltenen Beschreibungen der Ausgangssituation, der Arbeitsprozesse, der AkteurInnen der Lieferkette und der relevanten praxisnahen und wissenschaftlichen Literatur können direkt als Grundlage diverser Folder, Präsentationen, Homepageeinträge oder Berichte verwendet werden.
In den zahlreichen Gesprächen wurde für eine Intensivierung der Zusammenarbeit entlang der gesamten Lieferkette geworben und für die Wichtigkeit dieser sensibilisiert. Somit wurde durch die Untersuchungen im Rahmen dieser Masterarbeit die Bereitschaft für zukünftige Veränderungen erhöht. Daraus sollen zukünftige Kooperationen sowohl mit WirtschaftspartnerInnen als auch wissenschaftlichen Stellen ermöglicht werden. Der in dieser Masterarbeit beschriebene Projektablauf kann dabei zusammen mit den Besprechungsprotokollen, Zwischenberichten, Projektplänen, Ablaufplänen und dem Exposé als Vorlage für zukünftige Projektarbeiten dienen, die von der Papierholz Austria GmbH unterstützt werden bzw. die der Papierholz Austria GmbH von Nutzen sind.
Die Masterarbeit dient als Orientierungshilfe und Ausgangsbasis für in dieser Arbeit aufgeworfene weitere Untersuchungsfelder und verkürzt demnach die Einarbeitungszeit für künftige Studien. Die beschriebenen Herausforderungen und Veränderungspotentiale können genau analysiert und detaillierte Planungen der richtigen Herangehensweise ausgearbeitet werden. Die Untersuchungen einer unabhängigen Institution in Form einer Masterarbeit bieten der Papierholz Austria GmbH eine wertvolle Sicht von außen auf die Unternehmensabläufe und bergen die Chance, Veränderungspotentiale zu entdecken, die im täglichen Arbeitsalltag leicht untergehen. Dahingehend liegt es nun am Veränderungswillen der Papierholz Austria GmbH und ihrer PartnerInnen, die Ergebnisse dieser Arbeit zu verwerten und Weiterentwicklungen anzustoßen.
Zukünftige Herausforderungen
Der sehr traditionell und konservativ eingestellten Holz-, Forst- und Papierindustrie steht ein Umbruch bevor, der verkrustete und lange eingesessene Strukturen und Denkweisen aufbrechen muss, um auch zukünftig auf dem Weltmarkt noch wettbewerbsfähig zu sein.
Speziell für ein Hochlohnland wie Österreich wird der Kostendruck für Produkte, die praktisch fast überall auf der Welt in selber Qualität erzeugt werden können, weiter steigen. Das Vorantreiben der Automatisierung im Zuge der Industrie 4.0 birgt neue Möglichkeiten für die Sicherung der Unternehmensstandorte in Österreich. Eine Verdichtung der Produktionszeiten, die es erlaubt in kürzester Zeit große Mengen an Holz zu ernten, zu transportieren und zu verarbeiten, kann mittels neuer, vernetzter Computersysteme und Datenbanken sowie elektronischer Lieferscheine zur gezielten Informationsweitergabe und eines GPS-Trackings der Transportflüsse vorangetrieben werden.
Eine Ausweitung der inländischen Holzmobilisierung, die nachhaltige Bewirtschaftung von Wäldern und die Koordination von Kleinwaldbesitzenden wird sich positiv auf einen kontinuierlichen Holzfluss auswirken und somit Kosteneinsparungspotentiale in Form von verbesserter Planbarkeit und Versorgungssicherheit hervorrufen. Eine bessere Zusammenarbeit mit Bahnunternehmen und die Forcierung des Schienentransportes für längere Distanzen, integriert in ein ganzheitliches Planungssystem entlang der gesamten Lieferkette, eröffnen neue Möglichkeiten und Chancen. Das Transportwesen verlangt nach Innovationen, da die Altersstruktur von LKW-FahrerInnen ein großes Risiko birgt, vorhandenes Spezialwissen nicht weitergeben zu können, da nur sehr wenige junge Menschen bereit sind, in ein derart belastendes und risikoreiches Berufsfeld einzusteigen.
Gesetzesänderungen zum Ökostromgesetz, der Umsetzung von Klimaabkommen, Zertifizierungssystemen, maximaler Nutzlast von LKWs und dem autonomen Fahren werden den zukünftigen Entwicklungsprozess maßgeblich beeinflussen und lenken. Große Umbrüche können durch ein Eingreifen der Politik zur Etablierung eines Marktgleichgewichts entstehen, wenn die in manchen Bereichen vorhanden kartellähnlichen Strukturen sich weiter verdichten.
Die Transportflüsse werden in Zukunft häufiger und stärker beeinträchtigt unterbrochen werden, womit die Entwicklung von Strategien und Maßnahmen zur Risikobewältigung, die über eine Ausweitung der Lagerkapazitäten hinausgehen, eine entscheidende Position einnehmen.
Der Papierholz Austria GmbH kommt bei der Begegnung dieser Herausforderungen eine noch entscheidendere Rolle zu als bisher, da sie für das Supply-Chain-Management entlang der gesamten Lieferkette verantwortlich ist und mit allen AkteurInnen in Kontakt steht. Eine tiefere Zusammenarbeit mit ungehindertem Informationsaustausch in Form einer koordinierten Lieferkette bis hin zu Zusammenschlüssen wird die Umsetzung von Veränderungen und somit das Meistern verschiedenster Herausforderungen entscheidend positiv beeinflussen.
Zukünftige Untersuchungen
Vertiefende Forschungen können dabei helfen, den Herausforderungen auf Augenhöhe zu begegnen und die sich durch die nötigen Veränderungen ergebenden Chancen bestmöglich zu nützen. Dafür können in besonderer Weise in Auftrag gegebene wissenschaftliche Studien, Dissertationen, sowie Master- und Bachelorarbeiten einen wertvollen Beitrag leisten. Die Zusammenarbeit mit einer Universität hat die Vorteile, eine unabhängige und kritische Sicht von außen auf das Unternehmen zu erhalten, kostengünstig und zeitnah Ergebnisse zu generieren und Kontakt zu zukünftigen Mitarbeitenden aufzubauen.
Auf diese Masterarbeit aufbauende Untersuchungen sollten sich mit der Weiterentwicklung eines Transportmodelles beschäftigen, das mehrere Produktarten ebenso berücksichtig wie Lagerhaltung und andere für die Papierholz Austria GmbH relevante Aspekte. Darüber hinaus sind Bemühungen in Richtung einer koordinierten Lieferkette zu verstärken, die sich etwa durch die Adaption des Modells zur Lösung des TTOSP von Gronalt und Hirsch einleiten ließe.
Um solche Modelle mit den richtigen Daten versorgen zu können, ist es wesentlich, die in dieser Arbeit aufgeworfenen Vorschläge aufzugreifen und weiterzuentwickeln. Neue Computersysteme und Datenbanken, in denen automatisiert Daten der Holzernte, elektronische Lieferscheine, GPS-Tracking-Signale, Produktionsdaten der Industrie und weitere für eine zentrale Planung wesentliche Informationsflüsse verarbeitet werden, können zusammen mit Risikomanagementsystemen ein neues Zeitalter in dieser traditionellen Branche losbrechen. Dafür wird es weiterhin notwendig sein, die AkteurInnen der Lieferkette für diese Herausforderungen zu sensibilisieren, die positiven Auswirkungen für die gesamte Lieferkette zu unterstreichen und aktiv alle Beteiligten für gemeinsame Projekte und eine engere Zusammenarbeit zu begeistern.
Über die Untersuchungen in Rahmen dieser Arbeit hinaus sollten vor allem Zukunftskonzepte zu den Themen Klimaerwärmung, Bioenergie, Green Logistics und Zertifizierungssysteme angefertigt werden. Auch die Erforschung und Etablierung eines Risikomanagementsystems, das sich um die zukünftig häufiger und stärker unterbrochenen Transportflüsse kümmert, wird ein entscheidender Faktor in der weiteren Entwicklung sein.

Einreicher

Herr MSc. BSc. Ing. Christoph Kogler Hütteldorfer Straße 145 8, 1140 Wien christoph.kogler@boku.ac.at +436644144010

Partner

Institut für Produktion und Logistik: Masterarbeitsbetreuer

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