Der ‚Hopper‘ im Landkreis Offenbach – ein Qualitätssprung im Öffentlichen Verkehr
Jahr: 2020
Ziele/Ideen
Die Kreisverkehrsgesellschaft Offenbach mbH (kvgOF) ist für den Öffentlichen Personennahverkehr im Landkreis (= Bezirk) Offenbach zuständig, der rund 350.000 Einwohner zählt und im Großraum Frankfurt/Rhein-Main liegt. Mit einer Einwohnerdichte von fast 1.000 Einwohner/qkm ist der Kreis Offenbach eine „Großstadt im Grünen“ und wird dem suburbanen Raum zugerechnet.
Soll die Verkehrswende in einem Großraum wie das Rhein-Main-Gebiet gelingen, müssen noch deutlich mehr Menschen das öffentliche Personenverkehrssystem nutzen als bisher. Unter den Neunutzern sollten sich dabei möglichst viele Verkehrsteilnehmer befinden, die bisher mit dem Pkw gefahren sind.
‚Seamless travelling‘ kann ein wesentlicher Anreiz für diesen Wechsel im Verkehrsverhalten sein. Schnelles, nahtloses Reisens mit fließenden Übergängen von einem Verkehrsträger zum nächsten macht es erforderlich, dass auch die Haltestellen des Bus- und Bahnverkehrs noch besser erreichbar werden. Gerade außerhalb der Großstädte ist der Zugangsweg zur nächstgelegenen Haltestelle häufig recht weit, was ein nicht zu unterschätzendes Hemmnis zur Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs darstellt.
Der Kreis Offenbach entschied sich im Rahmen des seit 2016 gültigen Nahverkehrsplans für eine konsequente Führung von Linienbussen auf den Hauptrouten, um schnelle und dicht getaktete Verbindungen in den dreizehn Kommunen zu schaffen. Dadurch entfielen jedoch in manchen Gebieten einzelne Haltestellen in den Wohnquartieren und den Gewerbegebieten. Die so entstandenen Bedienungslücken sollen durch das neue System geschlossen werden. Deshalb musste eine attraktive Ergänzung für die Feinerschließung gefunden werden – innerhalb der einzelnen Stadtteile und Kommunen, zum Vorteil aller Generationen und aller Mobilitätsbedürfnisse.
Das bisherige Anrufsammeltax (AST), bei dem die Fahrgäste auf Abruf an Haltestellen einer festen Route zu- und aussteigen, existierte bereits seit mehr als 20 Jahren als Ergänzung des Busangebots. Allerdings fehlte es dem System an gewünschter Flexibilität und öffentlicher Wahrnehmung. Zudem werden die bisherigen AST-Linien von unterschiedlichen Betreibern geführt. Somit mangelte es an einem übergreifenden und einheitlichen Angebot mit einfacher Nutzung und dem nötigen Bekanntheitsgrad.
Diese Überlegungen führten zu einem Auftrag für die Kreisverkehrsgesellschaft Offenbach (kvgOF) im Dezember 2017, einen Ridepooling-Service als „Bus-on-Demand” kreisweit zu planen und ggf. einzuführen.
Kurzbeschreibung
Ende Juni 2019 startete die Kreisverkehrsgesellschaft Offenbach mbH (kvgOF) ein Pilotprojekt mit dem einprägsamen Namen „Hopper“.Ausgehend von den sich ändernden Mobilitätsbedürfnissen sah die kvgOF die Chance, das Anrufsammeltaxi (AST) im Kreisgebiet durch einen modernen on-demand-Service abzulösen, welcher der Feinerschließung der Kommunen dienen und zugleich als Zubringer auf der ÖPNV-Achse zu und nach Frankfurt eingesetzt werden sollte.
Ziel war es, ein Angebot ohne festen Fahrplan und Linienweg und eine nachfragegerechte Bedienung in Echtzeit zu schaffen. Das Angebot sollte per Smartphone-App angefordert und gebucht werden und wichtige Kern- und Abrechnungsdaten beinhalten.
Das Vorhaben wurde auf vier Phasen im Landkreis angelegt, um die jeweiligen Erkenntnisse in die nächsten Umsetzungsschritte einbringen zu können. Für die erste Phase wählte die kvgOF den östlichen Teil des Landkreises (Ostkreis) um Seligenstadt, Hainburg und Mainhausen mit Anbindung an den ICE-Halt Hanau Hbf.
Resultate
Um zu ersten Erkenntnissen über die Akzeptanz des Hopper- Verkehrs zu gelangen und um mögliche Verbesserungs- und Änderungsansätze auch für die Folgeschritte ausfindig zu machen, wurde Anfang Dezember 2019 eine umfangreiche Erhebung und Befragung der Nutzerinnen und Nutzer des Systems durchgeführt.
In der Zeit vom 02. bis zum 08. Dezember 2019 wurden insgesamt 1.435 Fahrgäste gezählt, von denen 633 Personen befragt werden konnten.
Die Befragung der Fahrgäste führte zu interessanten Ergebnissen. So bilden junge Menschen zwischen 14 und 25 Jahren mit 46 % die mit Abstand größte Fahrgastgruppe, die Gruppe der Älteren ab 56 Jahren macht 15 % aus. Fast zwei Drittel der Befragten nehmen den Hopper mindestens einmal pro Woche in Anspruch (26 % an 4 – 7 Tagen pro Woche, 38 % an 1 – 3 Tagen pro Woche). Dies zeigt, dass der Hopper im Alltag der Menschen als attraktives Angebot wahrgenommen wird.
Besonders die Gruppe der jungen Menschen nutzt den Hopper regelmäßig. Von dieser Gruppe gab ein Drittel an, Stammkunden zu sein. Dazu passt, dass sich der Fahrtzweck „Freizeitaktivität“ mit 56 % deutlich von den Fahrtzwecken „Beruf“ mit 22 %, „Private Erledigungen“ mit 15 % und „Schule, Ausbildung, Studium“ mit 7 % abhebt.
Generell zeigt die Befragung eine hohe Zufriedenheit mit dem Hopper- Angebot. Die Weiterempfeh¬lungsrate des Hoppers durch seine Nutzer und Nutzerinnen beträgt fast 100 %. Dies zeigt, dass der Hopper im Alltag der Menschen als attraktives Angebot angesehen wird.
Dennoch gibt es Wünsche, z.B. eine verbesserte Verfügbarkeit und eine Ausweitung des Bedienungsgebiets. Auch die Möglichkeit einer Vorausbuchung wurde von etlichen Befragten angeregt. Seit März 2020 kann nun eine Fahrt bis zu 90 Minuten im Voraus gebucht werden.
Die Befragung nach Quelle und Ziel der Fahrt mit dem Hopper ergab folgendes Bild: Eindeutiger Schwerpunkt des Hopper- Verkehrs ist Seligenstadt. Dort steigen immerhin fast 60 % aller Fahrgäste ein und/oder aus. Der Binnenverkehr innerhalb von Seligenstadt umfasst rd. 30 % aller Personenfahrten. Die nachfragestärkste Relation außerhalb des Binnenverkehrs verläuft zwischen Seligenstadt und der Nachbargemeinde Mainhausen, die von etwa 16 % aller Fahrgäste genutzt wird. Alle übrigen Relationen sind schwächer nachgefragt.
Etwa 10 % der Hopper-Fahrgäste können als ÖPNV-affin im engeren Sinn angesehen werden, weil sie im Vor – oder Nachlauf einer Hopper-Fahrt Bus oder Bahn benutzen. Die meisten dieser Fahrgäste steigen am Hauptbahnhof Hanau oder am Bahnhof Seligenstadt um. Fast alle Umsteigevorgänge finden zwischen Hopper und Bahn und umgekehrt statt.
Zusammenfassend hat die Erhebung gezeigt, dass sich das Ziel einer besseren innerörtlichen Erschließung der Kommunen durch den Hopper erfüllt hat.
Dagegen wurde die zweite Zielsetzung, über eine bessere Erreichbarkeit wichtiger ÖPNV-Haltestellen (vor allem von Bahnhöfen) zu einer Zunahme der Nachfrage insbesondere im Schienenpersonennahverkehr zu kommen, noch nicht ganz erreicht, obwohl 42 % der Hopper-Fahrgäste als Hauptverkehrsmittel Bus oder Bahn benutzen. Hier müssen weitere Anreize geschaffen werden, um mehr Umsteiger zwischen Hopper und Bahn zu generieren. Darunter sollten auch ÖPNV-Neukunden sein, die wegen des attraktiven Hopper-Angebots vom Pkw auf den ÖPNV umgestiegen sind.
Seit März 2020 besteht die Möglichkeit zur Vorausbuchung von bis zu 90 Minuten. Diese Option soll die Fahrt mit dem Hopper zu den wichtigen Bahn- und Bushaltestellen fördern, weil so die Verlässigkeit eines Anschlusses an Bahn und Bus deutlich gesteigert wird. Eine zweite Erhebungswelle in 2020 wird deshalb so angelegt, dass wir auch darüber Auskünfte erhalten werden.
Partner
Door2Door GmbH, Berlin: Software-Partner
MWM-Solutions GmbH, Berlin: Dienstleister für Fahrdienst
MAINGAU Energie GmbH, Obertshausen: Fahrzeug- und Energie-Partner
Kreisverkehrsgesellschaft Offenbach mbH (kvgOF)