EKE-ÖPNV
Jahr: 2019
Ziele/Ideen
Mit der im Projekt EKE-ÖPNV entwickelten Simulationsumgebung ist es erstmals möglich, bei der Beschaffung von Elektrobussen das Thema Nachhaltigkeit bei Fahrzeugbatterien zu adressieren. Bisher wurden die Fahrzeuge inkl. der Batterien nur hinsichtlich technischer Machbarkeit ausgelegt und beschafft. EKE-ÖPNV bietet an dieser Stelle einen innovativen Charakter: In der Entwicklungsphase wurde darauf Wert gelegt, technologieunabhängige und bekannte, am Markt verfügbare Komponenten und Einzelsysteme zu analysieren, zu vermessen und datentechnisch auszuwerten. Dabei wurden bspw. zwei unterschiedliche Zellchemien (Lithium-Eisenphosphat und Nickel-Mangan-Kobalt) in Langzeitlabortests auf deren Alterungsverhalten vermessen sowie zwei unterschiedliche Stadtbusse über zwei Jahre lang im täglichen, regulären Linieneinsatz vermessen und anschließend wissenschaftlich ausgewertet. Alle Ergebnisse flossen in die Erstellung der Simulationsumgebung ein, mit der eine hinsichtlich Lebenszykluskosten optimierte Systemauslegung von Elektrobuslinien möglich wird. Dabei wird die Batterie als zentrale Komponente des Systems Elektrobus in den Vordergrund gestellt. Derzeit ist sie die sensibelste Einzelkomponente, sowohl in ökonomischer als auch in ökologischer Hinsicht. Die grundlegende Herangehensweise der Systemauslegung ist dabei stets gleich: Über die intelligente Positionierung und Dimensionierung von Schnellladestationen entlang der Buslinien kann die Batterie kleiner dimensioniert werden, wodurch die Energieeffizienz des Systems ansteigt. Des Weiteren kann der effektive SOC-Hub im Einsatz verkleinert und somit die Batterielebensdauer erheblich verlängert werden. Das Projekt adressiert drei Bausteine der Nachhaltigkeit: Kleinere Batterien verbessern die Energieeffizienz in der Nutzungsphase, ohne dabei die Qualität des Öffentlichen Verkehrs zu beeinträchtigen. Durch optimierte Lebenszykluskosten wird ein ökonomisch nachhaltiges System erreicht, die finanziellen Belastungen der Städte und Kommunen werden begrenzt. Zusätzlich wird mit einer optimierten Lebensdauer der Batterien ein erheblicher Beitrag zum Thema Ressourceneffizienz (Rohstoffe für Batterien) geleistet und damit der Fußabdruck des Gesamtsystems positiv verändert.
Kurzbeschreibung
Zurzeit werden in Europa in vielen Städten und Kommunen Elektrobusse beschafft. Diese Fahrzeuge sollen in den meisten Anwendungsfällen Dieselbusse ersetzen und äquivalent wie diese funktionieren. Mit den heute am Markt verfügbaren Technologien ist ein Tausch sehr schwer bzw. gar nicht möglich. Die Einführung von Elektrobuslinien muss stets als Systemauslegungen aufgegriffen werden, wobei immer die einzelnen Bestandteile Fahrzeug, Energiespeicher und Ladeinfrastruktur zu betrachten sind. Aufgrund der Komplexität der Einzelkomponenten und deren Zusammenspiel stellt der Umstieg von Dieselbussen auf Elektrobusse Städte und Kommunen vor große organisatorische und ökonomische Herausforderungen. Im Projekt EKE-ÖPNV wurde eine Simulationsumgebung zur ganzheitlichen Betrachtung von Elektrobuslinien entwickelt. Diese enthält ein integriertes Lebensdauermodell für Batterien sowie eine Optimierungsfunktion zur Reduktion der Lebenszykluskosten von Elektrobussen.
Resultate
Das wichtigste Projektergebnis ist die entwickelte Simulationsumgebung mit integrierter Optimierungsfunktion zur Reduktion der Lebenszykluskosten. Diese beinhaltet zwei Hauptbestandteile: Zum einen wird in einem Modul der Energie- und Leistungsbedarf eines Fahrzeugs auf einer gegebenen Strecke und bekannten Randbedingungen hochgenau ermittelt. Zum anderen wird im zweiten Modul eine Systemauslegung durchgeführt, wobei die Komponenten Batterie und Ladeinfrastruktur im Vordergrund stehen.
Die Modellierung der einzelnen Bestandteile beruht vorwiegend auf eigens generierten Messdaten. Zur energetischen Fahrzeugmodellierung werden Messdaten aus zwei verschiedenen Fahrzeugen genutzt, welche seit über vier Jahren im regulären Linieneinsatz in Dresden verkehren. Die Modellierung der Batterie basiert wesentlich auf eigenen Labormessungen. Dabei wurden reale Fahrzeugbatterien hinsichtlich ihres elektrothermischen Verhaltens charakterisiert sowie beschleunigten Alterungstests unterzogen.
Zahlreiche Untersuchungen und Simulationen mit der entwickelten Simulationsumgebung zeigen, dass mittels einer intelligenten Positionierung und Dimensionierung von Schnelladestationen die Batterien deutlich kleiner dimensioniert werden können und zusätzlich die Lebensdauer verlängert kann. Dabei besteht stets ein Spannungsfeld zwischen fahrzeugseitigen und infrastrukturseitigen Investitionen. Viele Städte und Kommunen scheuen das Risiko der Ladeinfrastrukturinvestition. Dies resultiert unter anderem aus der Hoffnung auf einen deutlichen Technologiesprung in der Batterietechnik, wonach sowohl eine Kostenreduktion als auch eine Erhöhung der Energie- und Leistungsdichte erwartet werden. Um den Ansprüchen an Elektrobusse gerecht zu werden und einen äquivalenten Ersatz von Dieselbussen gewährleisten zu können, wäre eine Halbierung der Batteriepreise bei gleichzeitiger Verdopplung der Energiedichte erforderlich. Ein solches Szenario ist jedoch selbst bei optimistischer Betrachtung derzeit nicht absehbar. Mittels der langfristigen Investition in Ladeinfrastruktur kann der technologische Nachteil von Elektrobussen gegenüber Dieselbussen ausgeglichen werden. In nahezu allen bisher untersuchten Anwendungsfällen konnte mittels der Verwendung von Schnelladestationen eine deutliche Verbesserung der Lebenszykluskosten erreicht werden.
In einem konkreten Anwendungsfall haben die Dresdner Verkehrsbetriebe AG (DVB AG) als direkter Projektpartner die Simulationsumgebung bereits in der Antragsphase zur Förderung von Elektrobussen zur Auslegung und Dimensionierung mehrerer Elektrobuslinien genutzt. Auf Basis der Simulationsergebnisse wurde entschieden, dass neben den eigentlichen Elektrobussen gezielt Schnellladestationen beschafft werden.
Partner
Technische Universität Dresden: Konsortialführer
Dresdner Verkehrsbetriebe AG: Robert Roch